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Freitag, 8. April 2011

Hoch lebe die Arbeitslosigkeit!

Unglückliche Arbeitslose, die ihre Hartz IV-Pflichten brav erfüllen und sich verzweifelt um Jobs bemühen, machen den Beschäftigten das Leben schwer. Die Löhne werden niedri­ger und die Jobs werden immer bekloppter. Vollbeschäfti­gung ist möglich. Hurra? Jobs lassen sich beliebig vermeh­ren, die Richter-Skala der miesen Jobs ist nach unten offen, wenn die Leute immer billiger werden, weil sie dies müssen.
Unbeugsame, die ihr Hartz-IV-Geld als Stipendium für Lebenskunst begreifen, sind die Vorboten einer besseren Zukunft. Denn glückliche Arbeitslose zeigen, dass es auch ohne Arbeit geht. Je mehr die Beschäftigten dies begreifen, desto weniger lassen sie sich gefallen, desto höhere Ansprü­che stellen sie. Sie erkennen in den glücklichen Arbeitslosen wichtige Verbündete und gönnen ihnen das Geld vom Staat. Arbeitslosigkeit ist nicht das Problem, sondern die Lösung.
Der Sumpf der drohenden Armut macht die Leute unterwür­fig, unsolidarisch und unproduktiv. Der „Bürgersteig“ eines bedingungslosen Grundeinkommens ermöglicht allen ein Leben in Freiheit. Wen du dann als Arbeitskraft beschäfti­gen willst, den musst du dafür gewinnen – zwingen geht nicht mehr.

Donnerstag, 7. April 2011

Die totale Vollbeschäftigung

Ohne Spannung keine Initiative. Wer satt ist, wird sich nicht um Nahrung bemühen. Eine staatliche Versorgungsgarantie, ein permanenter Sättigungsstrom, macht schlaff. Ein Anreiz muss sein, und es muss spürbar um etwas gehen. Meine Phantasie, wie ich mich nützlich machen könnte, beflügelt es doch sehr, wenn ich ohne zahlende Kunden oder Chefs hungern müsste. Ich biete, entsprechend intensiv motiviert, meine Dienste an, und schaffe für mich Beschäftigung.
Auch der Staat kann helfen: mit Job-Coaching. Und schon sind alle beschäftigt: die Job-Coaches, sie erdenken zielfüh­rende Schritte, und ihre Klienten, die Job-Muffel, die an der Hand ihrer Coaches die vereinbarten Schritte gehen müssen.
Und ... ein wenig Bewegung nützt allen: die Satten können ihre überflüssigen Pfunde runtertrainieren und dienen damit der Energie­versorgung. Es müssen nur die geeignete Fitnessgeräte mit entsprechenden Modulen zur Energieumwandlung und Stromeinspeisung verbunden werden.
Ressourcen schonen schön und gut. Bei der Ressource menschl. Arbeitskraft wäre jedoch zu viel Schonung kontra­produktiv, zeichnet sich doch ab, dass manche ihre eigene Arbeitskraft allzu verantwortungslos schonen würden.

Dienstag, 5. April 2011

Bedingungsloses Grundeinkommen – das Diesseits jenseits des Wachstums

Hier der Text vom Februar 2011

Existenzminimum - so wenig wie möglich? Nein: so viel wie möglich!

Hier der Text von 2010.

Ein niedriges “Grundeinkommen” bedeutet Zwang zur Erwerbsarbeit

Hier die Quelle von 2009.

Teil 1: Mit einem niedrigen Transfer, wie z. B. Hartz IV, ist ein menschenwürdiges Leben nicht möglich
Von Ronald Blaschke
 
Teil 2: Hinzuverdienen können … sollen … müssen?
Von Robert Ulmer
Die Debatte um die Höhe des Grundeinkommens interessiert nicht nur Technokraten und Finanzierungsexperten. Sie enthält auch eine zentrale Auseinandersetzung um die Frage, welchem Zweck das Grundeinkommen im Wesentlichen dienen soll. Soll es die Freiheitsspielräume der Individuen erweitern, oder soll es die charakteristischen Zwänge unserer kapitalistischen Arbeitsgesellschaft lediglich modernisieren? Soll das Grundeinkommen allen ermöglichen, zu jedem miesen Job, zu jeder unattraktive Fördermaßnahme NEIN zu sagen und auch ohne Job ein angenehmes Leben führen zu können? Oder soll die niedrige Höhe des Grundeinkommens eine permanente Nötigung sein, Geld hinzuzuverdienen?
Auf die übliche Besorgnis der Grundeinkommensskeptiker, wer denn noch arbeiten werde, wenn er oder sie das Grundeinkommen gratis erhalte, antworten viele Grundeinkommensbefürworter mit der eifrigen Beschwichtigung: die Menschen werden schon deshalb Erwerbsarbeit leisten, weil sie hinzuverdienen wollen, denn mit dem Grundeinkommen allein werden sie sich den erwünschten Lebensstandard nicht leisten können. Der erwünschte Lebensstandard kann aber etwas sehr Verschiedenes bedeuten. Ein stattliches Eigenheim, ein Auto, ein teurer Urlaub und diverser Statuskonsum ist das eine. Etwas grundsätzlich anderes ist es, hinzuverdienen zu müssen, um aus der Situation drückender Armut herauszukommen, um überhaupt am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können.
Nun lässt sich die Frage, welche Höhe des Grundeinkommens existenzsichernd sei, welche Höhe eine gesellschaftliche Teilhabe ermögliche und welche (zu geringe) Höhe eben dies den Menschen versage, nicht einfach mit der Angabe eines Geldbetrages beantworten. Zum Beispiel: ab 1.000,- Euro sei Teilhabe möglich, und darunter nicht. Es gibt wohl einige wenige Lebenskünstler, die mit sehr wenig Geld gut zurecht kommen, und für die die Abschaffung des Arbeitszwanges und anderer Mitwirkungspflichten von Hartz IV schon die Erlösung von fast allem Übel bedeuten würde. Aber für die meisten ist ein Einkommen in Höhe von Hartz IV eine permanente Existenzbedrohung – übrigens auch ganz materiell: die Lebenserwartung einkommensarmer Menschen ist deutlich geringer. Ganz zu schweigen von gesellschaftlicher Teilhabe: wer nicht mit ins Kino gehen kann, ist draußen. Ebenso, wer fünf mal hin und her überlegen muss, ob er oder sie es sich leisten kann, einen Freund auf ein Bier oder auf eine Tasse Kaffee einzuladen.
Aber auch, wenn wir diese individuellen Geldbedarfs-Unterschiede mit bedenken, gilt eindeutig: All die Vorteile, die das Grundeinkommen den Menschen bringt, die gestärkte Verhandlungsposition im Arbeitsleben, die Möglichkeit „Nein: so nicht“ sagen zu können, sind an ein ausreichend hohes Grundeinkommen gekoppelt. Je geringer das Grundeinkommen ist, desto stärker ist der Druck, hinzuverdienen zu müssen, desto erpressbarer, desto lohnabhängiger werden die Leute. Ein behördlicher Arbeitszwang wie bei Hartz IV ist dann gar nicht mehr nötig. Das zu niedrige Niveau des Grundeinkommens würde als faktischer Arbeitszwang dazu führen, dass die Erwerbslosen und die Prekarisierten – wie heute aufgrund Hartz IV – sich bereitwillig auch um die miesesten Jobs bemühen. Keine große Überraschung wäre es, wenn es bald Grundeinkommensbefürworter geben würde, die behaupten, dass man mit einem möglichst niedrigen Grundeinkommen den Menschen etwas Gutes tue: so hätten sie einen maximalen Anreiz zur Arbeit und damit eine höhere Motivation, tätig zu werden. Mit einer Stärkung der individuellen Freiheit hat das dann aber nichts mehr zu tun.
Vielleicht ist es leichter, realpolitisch erfolgreich zu sein, wenn man einen sehr niedrigen Betrag des Grundeinkommens vorschlägt: 600,- Euro (plus Krankenversicherung) oder sogar nur 400,- Euro (plus Krankenversicherung). Aber ein realpolitischer „Erfolg“, der eine Verschlechterung gegenüber Hartz IV mit sich bringen würde, der ein Heer von einkommensarmen und genau deshalb höchst arbeitswilligen HinzuverdienerInnen produzieren würde, wäre eine Niederlage für die Sache des bedingungslosen und existenzsichernden Grundeinkommens, wie es das Netzwerk Grundeinkommen mit seinen 4 Kriterien fordert.
Es kann nicht darum gehen, mit allerlei wissenschaftlichen Forschungen herauszubekommen, mit wie wenig ein Mensch noch so gerade eben über die Runden kommen kann, um dann ein möglichst niedriges Grundeinkommen mit der Behauptung zu rechtfertigen, es sei existenzsichernd. Im Gegenteil: Die materielle Basis für möglichst viel individuelle Freiheit ist nicht ein möglichst niedriges, sondern ein möglichst hohes Grundeinkommen. Ein solches wird es nicht „finanzierungsneutral“ geben. Wer die Einkommensschwächsten besser stellen will, muss bereit sein, dafür ein größeres Umverteilungsvolumen einzusetzen.